Seyfo

Atman beschreibt mit Zeitzeugenbericht das Trauma von 1915

Wenn man die Namen Sabri Atman und Seyfo-Center hört, erinnert man sich an die ersten Denkmäler zu Ehren der assyrischen Opfer des Völkermordes von 1915 wie z. B. in Frankreich und Australien oder an die damalige Debatte im EU-Parlament. Nach einer sehr langen Zeit hatten wir am 17.07.2022 den bekannten Experten wieder zu einem Vortrag in Augsburg über den Völkermord von 1915 begrüßen zu dürfen. Die Veranstaltung wurde vom AJM/AJM-Bayern in Kooperation mit dem AMVA organisiert.

Wenn die Assyrer (Suryoye) / Aramäer, Armenier und Pontos-Griechen die Jahreszahl 1915 hören, erinneren sie sich an kein schönes Kapital in ihrer Geschichte. Alljährlich gedenkt man am 24. April den assyrischen, armenischen und pontos-griechischen Opfern des Völkermordes (übersetzt Seyfo) von 1915 durch die Jungtürken und Kurden im damaligen osmanischen Reich. Mehrere Millionen Menschen wurden wegen ihrer Ethnie und Religion verfolgt, gefoltert, deportiert und getötet. Heute, knapp 107 Jahre danach, bleibt dieses Trauma weiterhin bestehen. Bedauerlicherweise weigert sich die türkische Regierung bis dato, diese Tat offiziell als Völkermord anzuerkennen.

Herr Sabri Atman hat es sich zur Lebensaufgabe gemacht, intensiv für die Anerkennung des Völkermordes von 1915 zu arbeiten. Seit Jahrzehnten beschäftigt er sich mit dieser Thematik und hielt weltweit an unterschiedlichen Parlamenten sowie in verschiedenen Ländern Vorträge zu dieser Thematik. Atman, der selbst in Arbo (Turabdin) geboren ist, gründete mit anderen bekannten Personen den „Seyfo-Center“.

Der Assyrische Jugendverband Mitteleruopa (AJM) / der bayerische Landesverband des Assyrischen Jugendverbandes Mitteleuropa e. V. (AJM-Bayern) und der Assyrische Mesopotamien Verein Augsburg e. V. (AMVA) haben diese seltene Gelegenheit genutzt, um den Seyfo-Experten am Sonntag, 17.07.2022 zu einem Vortrag im Kirchensaal der syrisch-orthodoxen Marienkirche Augsburg begrüßen zu dürfen, bei dem u. a. auch Vertreter des hießigen Kirchenrates vertreten waren.

von links n. rechts: Hasare Demir (AMVA), Sabri Atman (Seyfo-Center) u. Ninos Hermez (AJM-Bayern)

In seinem Vortrag ging Atman u. a. auf die Begegnung mit einem Zeitzeugen in Enschede (Niederlande) ein, der den Völkermord als 7jähriges Kind erlebte. Dieser machte sich bis zu seinem Ableben noch Selbstvorwürfe, warum er zu der Zeit nicht gegen die Ermordung von seinen Familienmitgliedern etwas tun konnte. Mit Tränen in den Augen äußerte sich der Zeitzeuge gemäß Atman wie folgt: „Für dich war es vor 105 Jahren, doch fragt mich. Für mich ist es ein Teil meines gestrigen Albtraumes. Ich durchlebe bis heute diese Zeit und weine wie ein kleines Kind. Für mich ist es unvorstellbar, wie man sowas schreckliches machen konnte. Nicht nur wegen meines kleinen Bruders. Ich habe viele Menschen um mich herum gesehen, die getötet wurden.“

Zudem ging Atman weiterhin auf die Aktivitäten des Seyfo-Centers in den USA ein. Ein besonderes Thema lag ihm aber auf dem Herzen. Das leidige Thema des Namenskonfliktes war und ist leider immer noch präsent. Er plädierte für die Einheit des Volkes und betonte, dass alle Namen unserem Volk gehören. Die Mehrheit der heutigen Assyrer / Aramäer interessiere sich für diesen Namensstreit nicht, es sind nur einzelne Personen in Führungspositionen von Institutionen/Vereine/Verbände, die diesen Streit weiterhin anzetteln. Bei dieser Gelegenheit erinnern sich bestimmt auch einige Leser an das Zitat des amtierenden syrisch-orthdoxen Patriarchen, S. H. Moran Mor Ignatius Aphrem II. Karim, der auch die Sinnlosigkeit dieses Namensstreites mit dem Satz betonte, dass im Völkermord nicht nach Assyrer oder Aramäer unterschieden wurde.

Mit diesen Worten wollen wir auch zum Abschluss unseres Berichtes kommen. Nur mit gegenseitiger Akzeptanz und Tolerenz kommt die Gesellschaft weiter. Vielmehr sind es die Gemeinsamkeiten, die ein Volk wieder vereinen. Erfreulicherweise haben die Jungtürken ihr Ziel nicht erreicht. Unser Volk spricht bis heute seine eigene Sprache, hat seine eigene Kultur und führt seine eigenen Traditionen fort.

Wir danken Sabri Atman für diesen tollen Vortrag und wünschen ihm für seine Tour weiterhin viel Erfolg und alles Gute für die Zukunft.

Assyrischer Mesopotamien Verein Augsburg e. V.

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