Zuckerbrot und Peitsche für Mor Gabriel?

Ein Sieg vor den EU-Wahlen, doch was kommt danach

Längst noch nicht können die Bewohner des syrisch-orthodoxen Klosters Mor Gabriel im Streit um ihre historisch und kulturell wertvollen Mauern aufatmen. Denn nach wie vor steht die Frage im Raum, was die nächsten Verhandlungen am 17. und 24. Juni, also kurz nach den EU-Wahlen am 07. Mai, für Entscheidungen im Midyater Gerichtsprozess um den Grund innerhalb der Klostermauern bringen werden.

Von Marianne Brückl

Die heutigen EU-Wahlen und die danach anberaumten entscheidenden Gerichtsverhandlungen lassen nach wie vor weltweit die assyrischen Christen um die Existenz einer ihrer wichtigsten Begegnungsstätten im Tur Abdin bangen. Ein Prozess brachte dem Kloster zwar einen Sieg über die kurdischen Kläger bezüglich der Grundstücksgrenzen ein, aber die wesentlichen Verhandlungen um ihre Ländereien innerhalb der Klostermauern, finden ihren Fortgang erst nach den Wahlen, nämlich am 17. und 24. Juni 2009. Dann sollen die Entscheidungen im Strafverfahren um den Stiftungsvorsitzenden Kuryakos Ergün im Verfahren um die Mauer des Klosters fallen sowie auch die Frage beantwortet werden, ob der Boden innerhalb der Umfriedung als Forst gewertet wird.

Der Sieg über die kurdischen Kläger also nur eine Beruhigungspille für die Weltöffentlichkeit und Zuckerbrot für das Kloster, angesichts der EU-Wahlen am 07. Juni 2009? Diese sollen den heiß ersehnten EU-Beitritt bringen, der seit dem 06. Oktober 2004 (Beginn der Verhandlungen mit der Türkei) angestrebt wird, doch aufgrund auf Grund vieler Verstöße gegen die strengen Auflagen bisher gescheitert ist. Aber, was wird passieren, wenn die Wahlen gelaufen sind und die Türkei wieder keinen Zugang zur EU erhält. Gibt es dann in den noch anstehenden Verhandlungen die Peitsche für das wertvolle Weltkulturerbe? Egal, wie die Wahlen auch ausgehen mögen. Wer die Macht im Land hat, der wird das Land regieren. Einmal in der EU ist es kein Hindernis, das Kloster mit all seinen Zeugnissen der christlichen Kultur zu schlucken, und mit ihm auch die letzten Relikte des Christentums in der Türkei. Und wenn das Ziel des Beitritts nicht erreicht wird, dann gibt es ebenfalls keinen Grund, die Flächen innerhalb der Klostermauern nicht als Wald zu deklarieren und dem türkischen Staatseigentum zuzuführen. Doch selbst, wenn dieses Verfahren kurz nach den EU-Wahlen wieder positiv für das Kloster ausgehen sollte, bedeutet das noch lange nicht, dass auch der letzte und entscheidendste Prozess für Mor Gabriel gut ausgehen wird.

Es ist im Grunde ein einfaches und gut durchdachtes Schema, das ohne viel Aufwand zum selben Ergebnis geführt hätte, wäre die Urteilsfindung bereits vor den Wahlen geschehen. Aber warum hat man die Verfahren in diese endlose Länge gezogen und sich das Strafverfahren für zuletzt aufgespart? Weil dieses das alles Entscheidende ist. Wenn man also die Menschen noch einmal beruhigt, kurz nach den EU-Wahlen, wird dies ein positives Licht auf die Türkei werfen und die tatsächliche Situation verschleiern, dies wird sich dann auch positiv auswirken auf viele Beobachter. Aber, bedeutet das nicht noch einmal Zuckerbrot, bevor die Peitsche kommt? Oder ist es tatsächlich ein Schritt, den Christen zu zeigen, wir wollen Euch hier? Es bleibt abzuwarten ob die Türkei diesen Kurs der positiven Haltung im letzten Verfahren beibehält. Ansonsten steht und fällt mit einem der letzten und ältesten Klöster der Erde die christliche Kultur in diesem Lande und es werden nach und nach die Absichten des Türkeibegründers Kemal Atatürk realisiert: „Die Türkei den Türken!“

Wie sich der vom Islam zum Christentum konvertierte ägyptische Prof. Mark A. Gabriel am 15.05.2009 in den Räumlichkeiten der CSI Deutschland in einem Interview äußerte, ist es „nur eine Frage der Zeit“, dass die Muslime auch die westlichen Länder beherrschen werden, sollten die Menschen nach wie vor die Zeichen ignorieren und nicht endlich aufwachen.

http://www.menschenrechtsverletzungen.com/index.php?page=28

Was also könnte die Türkei daran hindern, selbst wenn sie aus falsch verstandener Toleranz der westlichen Länder tatsächlich den Beitritt zur EU erreicht, schließlich in ihrer bisherigen Politik fortzufahren, die Klöster nach und nach zu enteignen, wenn auch schleichend? Ist die Sache mit Mor Gabriel ein geschickter Schachzug der Politik? Denn fallen einmal die Mauern, dann sind die Weichen gestellt für die Zerstörung der Gärten des Klosters durch die kurdischen Tierherden. Damit einhergehend wäre das Kloster nicht mehr in der Lage, auf Basis der Selbstversorgung zu überleben. Wie diese Verquickungen zu werten sein könnten, lassen sich anhand dieser Theorien gut erkennen. Der positive Ausgang des Verfahrens um die Grenzen, die jetzt so großzügig dem Kloster zuerkannt worden sind, wären also letztlich kein Sieg, sondern nur eine verschleppte Annexion der Grundstücke durch die Kurden – als Instrument des Staates – und die türkische Regierung.

Entscheidend für das Kloster selbst sind also letztlich nicht die EU-Wahlen, sondern das, was tatsächlich die neu anberaumten Verhandlungstermine betrifft. Eine tickende Zeitbombe, auf der die christliche Kultur mittlerweile sitzt?

Es bleibt also weiterhin spannend, worauf sich die Christen und auch ihre im Fortbestand gefährdeten Klöster zukünftig gefasst machen müssen.

Quelle: Pressemitteilung

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