Am Mittwoch ist es wieder einmal soweit. Nach mehreren Prozessverschiebungen muss Kuryakos Ergün, der Stiftungsvorsitzende des syrisch-orthodoxen Klosters Mor Gabriel, erneut vor dem Midyater Gericht zu einer spektakulären Strafverhandlung erscheinen. Ihm wird vorgeworfen, widerrechtlich eine Mauer um das Kloster errichtet und dabei die Rechte des türkischen Staates verletzt zu haben. Die Schutzmauer, die gegen das Eindringen der benachbarten kurdischen Viehherden gebaut worden war, soll auf dem Boden eines Staatsforstes stehen und wird somit strafrechtlich verfolgt. Etliche Hektar Land vor der Klostermauer wurden durch die Entscheidung des Gerichts vom 24. Juli 2009, also kurz nach den für die Türkei nicht sehr schmeichelhaften EU-Wahlen, „annektiert“, indem das Land vor und hinter der Mauer als Wald deklariert wurde. Dagegen hat das Kloster Berufung eingelegt Zuvor hatte man Hoffnungen auf gerechte Entscheidungen der Gerichte geschürt, wie am 22. Mai 2009 durch das Teilergebnis über die Grundstücksgrenzen von Mor Gabriel zu Gunsten des Klosters kurz vor den EU-Wahlen geschehen. Würde jetzt ein negatives Urteil im Strafverfahren gefällt werden, würde das unweigerlich den Abriss der Mauer zur Folge haben und die Zukunft des Klosters in diesem Teil des Landes wäre damit dem Untergang geweiht. Die sorgfältig angelegten Obst- und Gemüsegärten zur Selbstversorgung des Klosters würden den kurdischen Viehherden zum Opfer fallen. und den Bewohnern die Lebensgrundlage entziehen. Sie müssten ihre Heimat verlassen. Dies führt zwangsläufig zur endgültigen Entchristianisierung und Auslöschung des Urchristentums im Tur Abdin.
Die seit Ende des Jahres 2008 währenden Enteignungsprozesse um das mit wertvollste Zeugnis der Existenz des Christentums weit vor dem Islam, zeigen also nur einmal mehr die gegen die christliche Bevölkerung des Landes gerichtete Willkür des türkischen Staates. Einschüchterungskampagnen gegen Erzbischof Timotheus Samuel Aktas gehen einher mit Verzögerungs- und Hinhaltetaktiken. Im Berufungsverfahren um den so genannten Staatsforst ebenso, wie im damit verbundenen Strafverfahren gegen den Stiftungsvorsitzenden Ergün. Dabei lässt man sich mit den existenzrelevanten Entscheidungen für die Bewohner des Klosters Zeit, verstärkt deren seelische Qualen. Man lässt die Klosterbewohner durch regelmäßige Prozessverschiebungen, im Berufungs- und Strafverfahren im Ungewissen über ihr Schicksal. Man wartet darauf, dass die Aufmerksamkeit in Sachen „Mor Gabriel“, dem Zentrum des Christentums im Herzen des Tur Abdin in der Südost-Türkei in der Weltöffentlichkeit nachlässt und schließlich in Vergessenheit gerät. Das grausame Spiel einer Katze mit ihrer wehrlosen Beute, die stetig verletzt wird, aber nur in dem Maße, dass sie nicht endgültig verendet. Diese Beruhigungspille wirkt in Europa.
Mittlerweile haben sich viele Menschen auch an die ständigen Vertagungen im „Kaugummiprozess“ gewöhnt. Das Interesse der Öffentlichkeit am Schicksal des 397 erbauten und somit zu einem der ältesten Klöster der Welt zählenden Mor Gabriel mit seinen Bewohnern ist beinahe erloschen. Es reisen zwar immer wieder politische Persönlichkeiten zu den angekündigten Prozessen an, doch wie lange noch, wenn die Verhandlungen aus fadenscheinigen Gründen stets nach wenigen Minuten wieder vertagt und damit Kosten generiert werden. Angesichts der herrschenden desolaten Wirtschaftslage ist absehbar, dass diese Kosten auf Dauer zu Buche schlagen. Ein weiteres Kalkül, das im Plan der islamischen Welteroberung aufgeht.
Mor Gabriel ist nur ein “kleines” Beispiel für die systematische Islamisierung weltweit. Ob wir uns nun Assyrer (Assyrer/Aramäer/Chaldäer), Kopten, Maroniten etc. nennen, wir alle sind eine christliche Gemeinschaft, die für die Anerkennung der Menschen als gleichwertige Geschöpfe auf unserem Planeten steht. Doch nur gemeinsam werden wir auch das “C” (Christentum)bewahren, das ohne unseren persönlichen Einsatz langsam einem “I” (Islam)weichen wird und unter dessen Herrschaft statt Religions- und Meinungsfreiheit nur mehr Unterdrückung und Versklavung herrschen.
Es genügt nicht, nur für die Ungerechtigkeiten gegenüber den Christen zu beten, wir sind alle aufgefordert, uns auch für sie einzusetzen. Alle verfolgten Christen in den islamisch beherrschten Ländern brauchen dringende Unterstützung durch die Präsenz von engagierten Menschen, die vor Ort den Menschen zur Seite stehen, die aufgrund ihrer religiösen Überzeugung laufend Gewalt in allen erdenklichen Formen ausgesetzt sind. Ebenso müssen wir daran arbeiten, dass wir selbst nicht eines Tages als “Ungläubige” auch in Europa zu Opfern dieser Gewalt werden.
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