Marianne Brückl im Gespräch mit Aziz Akcan

Hoffnung auf ein Leben ohne Angst und Terror

Augsburg [ENA] Flüchtlinge aus Syrien und dem Irak, die dem Terror des Islamischen Staats entkommen sind, hoffen in Deutschland auf eine Existenz ohne Angst. Traumatisiert von den Ereignissen benötigen sie jetzt kompetente Hilfe, um wieder in ein normales Leben zurückzufinden. Ethnische und religiöse Minderheiten wie Christen und Jeziden sind besonders schwer von den Ereignissen in ihrer Heimat betroffen.

Wie unverzichtbar gut funktionierende Netzwerke für traumatisierte Flüchtlinge sind, zeigt sich besonders in der bayerisch-schwäbischen Stadt Augsburg, die lange schon für ihre Vielfalt an Nationalitäten bekannt ist. Mittlerweile leben auch hier zahlreiche Assyrer, Jeziden und Angehörige anderer ethnischer und religiöser Minderheiten, die vor den Schrecken des IS-Terrors geflohen sind und nun auf ein Leben ohne Angst vor Vergewaltigung und Tod durch die selbsternannten Gotteskrieger Allahs hoffen.

„Wir haben keine exakten Flüchtlingszahlen, allerdings kann man von 50 Familien und 20 alleinstehenden Jugendlichen ausgehen.“ schätzt Aziz Akcan, Vorsitzender des im Jahr 1978 gegründeten Assyrischen Mesopotamien-Vereins Augsburg allein die Neuankömmlinge seines eigenen Volkes aus Syrien und dem Irak in der Friedensstadt. Wie schon zu Zeiten der ersten Flüchtlingswellen in den 70er Jahren, leistet der Verein auch heute noch große Arbeit im Flüchtlings- und Integrationsbereich.

„Der Verein arbeitet mit der Regierung von Schwaben, Caritas, Diakonie und weiteren Flüchtlingsorganisationen wie Tür an Tür e.V. zusammen, um den Flüchtlingen ihre Integration zu erleichtern.“, sagt Akcan. In Städten wie Augsburg sei es für die oft schwer traumatisierten Menschen etwas einfacher, sich in der neuen Umgebung zurechtzufinden. Unterstützung finden sie dabei in dem gut strukturierten Netzwerk, das ihnen hilft, schnell Anschluss an die Gemeinden zu finden und Möglichkeiten bietet, ihre Religion und Kultur zu leben und sich mit ihren Volksangehörigen austauschen zu können.

„Der Wille zur Integration ist bei den Assyrern relativ hoch, sie lernen schnell die deutsche Sprache und versuchen zu arbeiten.“, weiß der Vereinsvorsitzende über seine eigene Volksgruppe zu berichten, aber der Wunsch nach der Rückkehr in die Heimat ist ebenso stark. Doch ohne eine Internationale Schutzzone in der Ninive Ebene wird es wohl in naher Zukunft keine christliche und assyrische Kultur mehr im Irak geben. Eine Befürchtung, die auch Syrien betrifft.

Viele Mitglieder des Mesopotamien-Vereins haben selbst noch Angehörige in Syrien und im Irak. Unsicherheit und Angst prägen die Stimmung, denn oft erhalten sie wochenlang kein Lebenszeichen von ihren Familien und Freunden. Die Sorge ist groß. Möglichkeiten, die politische und kriegerische Situation zu beeinflussen gibt es kaum. „Wir haben Demonstrationen, Kundgebungen, Mahnwachen und Hungerstreiks organsiert um damit unseren Protest hier zu zeigen, doch der Erfolg ist gering, die Lage der Menschen dort zu verbessern. Es bleibt bei der humanitären Hilfe, wie Spendenaktionen.“, bedauert der Vereinsvorsitzende.

Gern würde er mehr Anteilnahme auch der deutschen und der muslimischen Mitbürger an diesen Aktionen für die hauptsächlich verfolgte christliche und jezidische Minderheiten spüren. Aber die zeigt sich noch immer äußerst zurückhaltend in Bezug auf die orientalischen Christen. „Es ist eigentlich mit Worten nicht wieder zu geben was in Syrien und dem Irak tagtäglich passiert.“, sagt er. Jeden Tag gebe es neue Hiobsnachrichten, schreckliche Schicksale. Man könne es so formulieren: „Es findet ein Genozid an den dort lebenden Minderheiten, wie Jeziden, Assyrern, etc. statt und die ganze Welt schaut zu.“, kritisiert Akcan

„Kinder, Frauen, Männer werden versklavt, leben als Flüchtlinge in den Kurdengebieten um Erbil und fürchten die Kälte des kommenden Winters.“ Spendenaktionen gab es zwar schon mehrere, so z.B. Geldspenden- und Sammelaktionen für Winterbekleidung (3 Tonnen), aber das ist längst nicht genug, um die Leiden aller von Armut und Hunger betroffenen Kriegsflüchtlinge zu lindern. Gegenwärtig leben ca. 160.000 Flüchtlinge in Erbil/Ankawa und den angrenzenden Dörfern in der Autonomieregion Kurdistans. Und es werden täglich mehr.

Unterstützung erhält der Verein dabei nicht nur vom Zentralverband der Assyrischen Vereinigungen in Deutschland und Europäischen Sektionen e.V. (ZAVD) und dem Assyrischen Jugendverband Mitteleuropa (AJM), sondern auch die Caritas Augsburg und die Evangelisch-Lutherische Kirche beteiligten sich bereits an einer gemeinsamen Spendenaktion zu Gunsten der notleidenden assyrischen Bevölkerung.

Noch immer ist die Hoffnung vieler Flüchtlinge, eines Tages in ihre Heimat zurückzukehren, nicht erloschen. Doch bis es soweit ist, tragen die Weltmächte die Verantwortung. „Die westliche Welt muss sich im Klaren sein, dass es ein Leben im Irak und Syrien ohne Schutz für die ethnischen und religiösen Gruppierungen nicht geben kann. Unser Anliegen ist die Errichtung einer Internationalen Schutzzone in der Ninive Ebene unter UN Mandat zum Schutz der dort lebenden Völker der Assyrer, Jeziden, Shabaks und anderen.“, sagt Aziz Akcan und erinnert an dieser Stelle an die Indigenität der Assyrer in Syrien und im Irak, die das Christentum seit mehr als 2000 Jahren dort bewahrt haben.

Doch bis dahin brauchen sie einen sicheren Hafen, wo sie ohne Angst und Terror leben und existieren können.

Quelle: European-News-Agency

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