mb – Zum ersten Mal seit 10 Jahren hat der Wiesbadener Mesopotamien Assyrischer Kultur- und Sportverein am vergangenen Samstag zu einer ganz speziellen Buch- und Kunstausstellung ins nahe gelegene Kostheimer Bürgerhaus eingeladen, die insbesondere Kunst, Kultur und Literatur in den Focus stellte. Zwar gab es in der Vergangenheit bereits kleinere Buchmessen des Vereins, wo sich auch Maler präsentierten, doch soll diese neue Form der Ausstellung jetzt als Auftakt für weitere kombinierte Buch- und Kunstmessen in Deutschland dienen.
Zu Gast waren unter anderem der Gütersloher Maler Sharro Malke wie auch die Uelzener freie Journalistin und Schriftstellerin Marianne Brückl, um ihre Werke dem Publikum vorzustellen. Der Vereins-Vorsitzende Abboud Zeitoune, Autor und Herausgeber von „Music Pearls of Beth-Nahrin“, bedauerte sehr, dass der „Dritte im Bunde“ der angekündigten Gäste, Behnan Behnan aus Gronau nicht an der Veranstaltung teilnehmen konnte. „Leider ist Herr Behnan vor zwei Tagen erkrankt und musste operiert werden.“, so der Vereinsvorsitzende.
Neben zahlreicher interessanter Literatur über das Volk der Assyrer, geschichtlicher Hintergründe, Informationen über das unterschiedliche Frauenbild in Christentum und Islam sowie Buchwerken zur Situation des Volkes heute und früher, beeindruckten besonders die farbintensiven Malereien von Sharro Malke die Besucher der Ausstellung. Nicht nur verliehen seine Bilder an den Wänden dem an sich nüchtern wirkenden Raum eine besondere Atmosphäre – sie verbreiteten Leben durch die Portraits von historischen Figuren im Christentum.
Sharro Malkes Motive spiegeln die Geschichte des Assyrischen Volkes wider. Dies wird auch durch Szenarien bekräftigt, die Details wie Ermordung und Hilflosigkeit, Gemetzel und Waffengewalt dem assyrischen Volk gegenüber enthalten. „Die Frau symbolisiert für mich die Heimat“, erzählt Malke zu einem seiner Werke. „Das Messer in ihrer Brust zeigt die Ermordung der Menschen und die Zerstörung, den Seyfo.“ sagt er weiter.
Daher sind oft (nackte) Frauen auch Gegenstand seiner Gemälde. Malke, der seine Leidenschaft zur Malerei schon in der Kindheit entdeckte, zeichnet sich durch einen sehr ausdrucksvollen Stil aus. Die Werke des Malers sind geprägt von Religion, Völkermord, der Geschichte des Assyrischen Volkes und dem Leben im Exil. In seinen Bildern findet man die Gefühlswelt wieder, die alle elementaren Figuren und Ereignisse zu einem gesamten Gefüge zusammenwachsen lassen und auch die politischen Verhältnisse der Gegenwart verinnerlichen. Er lässt in seinen Bildern die Fantasie sprechen, gepaart mit den Problemen aller Flüchtlinge. So stellt er in einem seiner Gemälde beispielsweise auch die Situation der Menschen dar, die mit dem Schiff nach Europa flohen und viele dabei ihr Leben verloren haben. Aber auch die Geschichte und die Kultur Mesopotamiens verdeutlicht er in seiner Malerei. Wichtig sind für den Künstler die Darstellung der vom assyrischen Volk geschaffenen geistigen und kulturellen Schätze, so etwa die Astronomie oder die Mathematik.
„Für mich müssen Religion und Volk ein Gleichgewicht ergeben“, sagt der Künstler. „So, wie der Mensch auf beiden Beinen steht. Respekt und Menschlichkeit sind eine Voraussetzung für ein Zusammenleben aller Nationen, gleich welche Religion man lebt.“
Zuletzt hat Malke seine Werke auch in Södertaljie (Schweden) vor etwa 600 Besuchern ausgestellt.
In einer Lesung ausgewählter Lyrik für das assyrische Volk, sprach Marianne Brückl mit ihren Gedichten insbesondere die Gemüter des Publikums an. Die Schriftstellerin, deren Bestreben in der Verdeutlichung der Gleichsetzung des menschlichen Ursprungs liegt, las einige Stücke aus ihrem Werk „Ein Volk-Ein Gedanke-Ein Licht!“, das nun, nach einigen Verzögerungen durch Verlagsprobleme, in ca. 6 Wochen in Druck gehen kann.
Nicht nur der Seyfo von 1915, sondern ebenso die gegenwärtige Situation aller verfolgten Christen kommt in der deutschen und englischen Lyrik der Autorin zum Tragen. Sie ermutigt das Volk der Assyrer (Assyrer / Aramäer / Chaldäer), sich als Einheit zu verstehen und nicht intern Spaltung zu betreiben. Auch die Thematik des bedrohten Klosters Mor Gabriel findet Platz in ihrer Gedankenwelt.
In ihrem erst kürzlich entstandenen Gedicht „Mor Gabriel“ beschreibt sie deshalb die Gefühle der Menschen in ihrer Heimat, das Gedenken an die Toten und die Gerechtigkeit, die in einem Menschen selbst zu finden ist.
Im Anschluss an die Lesung stellte sich die Schriftstellerin noch den kritischen Fragen des Vereins-Vorsitzenden Zeitoune wie auch des Publikums. Um ihre Haltung dem Assyrischen Volk gegenüber noch einmal abschließend zu verdeutlichen, trug sie am Schluss des Events noch das Gedicht „Einigkeit der Völker“ vor.
„Wir hoffen, dass Sie dem Assyrischen Volk treu bleiben und erwarten noch sehr viel mehr von Ihnen!“ verabschiedete sich der Vorstand von der Schriftstellerin. „Wer heute nicht dabei war, der hat wirklich sehr viel Wertvolles versäumt.“ so Zeitoune. „Gerade weil hier Kunst, Kultur und Literatur zum gemeinsamen Verständnis beitragen ist es bedauerlich, dass die Resonanz noch etwas verhalten war.“
Es bleibt zu hoffen, dass diese Ausstellung nun zum Vorreiter eines neuen kulturellen Events der assyrischen Volkseinheit avancieren wird und in einem regelmäßigen Turnus in den assyrischen Vereinen in ganz Deutschland stattfinden kann. Da bleibt nur noch die Frage offen: Wann und wo findet die Nächste statt?
Marianne Brückl
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