b.de: Shlomo, Grüß Gott Herr Zülch. Wir freuen uns sehr, dass Sie den Weg in das Assyrische Kulturhaus gefunden haben.
T.Z.: Vielen Dank. Ich freue mich auch, hier zu sein.
b.de: Wie Sie wissen ist das Anliegen des Vereins vor allem die Assyrer in den Heimatländern. Deswegen wollen wir aus erster Hand die News erfahren. Was sind Ihre Kenntnisse über die aktuellen Vorkommnisse in Qamishli, Syrien bezüglich der Assyrer dort?
T.Z.: Die aktuellen Vorkommnisse in Qamishli betrafen vor allem die kurdische Bevölkerung. Die Assyrer waren nur am Rande davon beeinflusst. Es gab Assyrer, die Verwundeten Unterkunft gewährt haben. Dies wohl vor allem aus der eigenen Erfahrung heraus bezüglich der Geschichte der Assyrer. Die Assyrer selbst wurden im Laufe ihrer Geschichte sehr oft unterdrückt.
b.de. Wir hören, dass es den Assyrern in der Türkei besser geht als früher. Die meisten Mitglieder des Mesopotamien Vereins kommen aus der Türkei und der Tur Abdin liegt vielen Assyrern sehr am Herzen. Können Sie uns die Situation der Assyrer in der Türkei etwas genauer schildern? Stimmen die Eindrücke, die man nach außen vermittelt?
T.Z.: Die Urlauber sehen leider zu wenig. Es ist natürlich richtig, dass es der assyrischen Bevölkerung in der Türkei besser geht, als vor einigen Jahren. Die Leiden sind weniger geworden. Die Assyrer werden nicht mehr kriminalisiert, wenn sie ihre Muttersprache sprechen. Die noch offenen Probleme wie Dörfer, Eigentum und dergleichen sind aber noch nicht vollständig gelöst. Die Infrastruktur ist noch immer nicht gut genug und die Sprache wird immer noch nicht offiziell anerkannt. Wo bleibt der Minderheitsstatus der Assyrer? Die Regierung zeigt guten Willen und hat Reformen begonnen.
b.de: Wir haben von der „Unterschriftenaktion zum Erhalt der Aramäisch-Assyrischen Sprache“ gehört (http://www.ado-world.org/en/news.php?id=289). Worum geht es hier vor allem?
T.Z.: Es gibt Zusagen der türkischen Regierung, jedoch keine rechtliche Sicherheit für den Erhalt der aramäisch-assyrischen Sprache. Die GFBV hat eine Forderungsliste zusammengestellt, die demnächst an 33.500 Personen verteilt wird und an den Ministerpräsidenten der Türkei Erdogan adressiert ist. Ein Punkt davon ist die Forderung des offiziellen Status der aramäisch-assyrischen Sprache in der Türkei.
b.de: Wir kommen nun zu einem Land, in dem sehr wenig über die Assyrer bekannt ist: Iran. Was sind ihre Erkenntnisse aus diesem Land?
T.Z.: Über die Assyrer im Iran habe ich leider wenig Informationen. Bekannt ist, dass die assyrische Bevölkerung das Land immer mehr verlässt. Es gibt jedoch einen offiziellen assyrischen Repräsentanten im iranischen Parlament.
b.de: Nun zum Irak, der derzeit jedermann im Munde ist. Was können Sie uns über den Irak berichten?
T.Z.: Der Nordirak ist ein eher ruhiges Gebiet. Die Assyrer haben dort teilweise Rechte, wie Sprachunterricht, Schulen und auch einige Medien. Die Probleme sind aber die Besetzung einiger Dörfer durch Kurden. Ich werde dies auch bei meinem nächsten Treffen mit Barzani thematisieren. Mir ist von einem Mordfall an einer Assyrerin durch einen höheren kurdischen Politiker berichtet worden. Derartiges darf nicht straffrei bleiben. Der Status der Assyrochaldäischen Bevölkerung muss abgesichert werden. Eine mündliche Zusage genügt nicht, dies muss verfassungsmäßig verankert werden. Die Assyrer aus Europa dürfen dabei nicht tatenlos zusehen und alles den Assyrern im Irak überlassen. Hier muss auch sehr schnell agiert werden, denn sonst wird es zu spät sein. Die Assyrer müssen Informationen selbst zusammenstellen und ihre Rechte einfordern.
b.de: Und was wissen sie über die Assyrer in Bagdad und Umgebung?
T.Z.: Die schlechte Botschaft ist, dass die Assyrer aus Bagdad in den Norden flüchten. Sonst ist mir leider wenig zu Ohren gekommen.
b.de: Wir bedanken uns für das Gespräch und wünschen Ihnen viel Erfolg bei Ihrer Arbeit.
T.Z.: Auch ich bedanke mich und wünsche Ihnen weiterhin viel Erfolg bei Ihrer Arbeit für die Assyrer.
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