Von Marianne Brückl
Der „Arabische Frühling“, eine magische Kombination aus zwei Worten, die einerseits eine Welt aus Mythos verkörpert, und auf der anderen Seite ein Erwachen der unter islamischem Despotismus stehenden Länder symbolisieren soll. Eine Hoffnung auf Demokratie, Freiheit und Menschenrechte für alle Ethnien und Glaubensrichtungen, wie sie in Europa gelebt und vertreten werden. Ein Traum, der jedoch zu einem Albtraum für die vielen säkular denkenden Menschen im Nahen und Mittleren Osten geworden ist. Er mutierte zu einem „Arabischen Winter“, zu einer ernüchternden Kälte aus Gewalt und geschürtem Hass gegen die Minderheiten, am meisten gegen die Christen. Doch immer noch erhofft man sich ein Ende der Kriegswirren. Wünsche für ein neues Syrien, wie sie von Issa Hanna, dem 2. Vorsitzenden der Assyrischen Demokratischen Organisation in verfassungsrechtlicher Hinsicht für die armenische und assyrische Bevölkerung Syriens geäußert wurden, wären zwar geeignet, eine solche Zukunftsvision zu vertreten. Doch ohne tatkräftige Unterstützung von Politik, Kirche und Gesellschaft, wird diese wohl kaum zu erreichen sein.
Um den rund 46 Teilnehmern der Tagung des „Arbeitskreises Volksgruppen und Minderheiten“ und des Internationalen Instituts für Nationalitätenrecht und Regionalismus (INTEREG) die verschiedenen Aspekte zur Entwicklung des „Arabischen Frühlings“ aus historischer und gegenwärtiger Sicht zu vermitteln, gaben bedeutende Fachleute, Kunsthistoriker, Religionswissenschaftler und Orientalisten, unter ihnen auch Vertreter der betroffenen Volksgruppen der Armenier (Prof. Dr. Armenuhi Drost-Abgajan, Orientalistin) und Assyrer (Issa Hanna) ihre Statements. Dr. Josef Croitoru, Journalist aus Jerusalem, Feuilletonist der FAZ und NZZ, beschrieb seine Eindrücke zum Thema anhand der Kopten in Ägypten.
Bereits die Vorstellungsrunde zu Beginn der umfangreichen Wochenendveranstaltung zeugte vom anspruchsvollen Niveau der Tagung. Viele der Teilnehmer hatten den Orient im Rahmen von Studienreisen zusammen mit Prof. Dr. Rudolf Grulich, Kirchenhistoriker aus Nürnberg, und Dr. Ortfried Kotzian aus Augsburg, Gründungsmitglied des „Arbeitskreises Volksgruppenrecht und bis Mitte Dezember 2012 selbst Vorsitzender vom Trägerverein e.V., bereist und waren daher sensibilisiert für die Thematik.
Christen im Nahen Osten – Ein vielschichtiges Thema
Für den Nürnberger Kirchenhistoriker Prof. Dr. Rudolf Grulich steht eines fest, nämlich dass es das Verdienst der Urchristen, der Armenier und Assyrer ist, die dem Nahen Osten erst seine Vielfalt verliehen haben. „Und damit möchte ich mit dem Thema Armenier, Assyrer anfangen, um zu zeigen, dass das Thema Christen im nahen Osten vielschichtig ist.“, sagte er. Nicht nur im Kontext gegenwärtiger Zusammenhänge, sondern auch im Hinblick auf geschichtliche Hintergründe, schaffte Grulich zum Einstieg in die Thematik einen weiträumigen Überblick über die christlichen Konfessionen im Nahen und Mittleren Osten wie auch in Asien. Es sei fast unmöglich, all e christlichen Gruppierungen zusammenzufassen, da viele auch von außen in die orientalischen Länder gekommen waren und sich dort verbreitet hätten, so der Historiker. In diesem Zusammenhang machte er darauf aufmerksam, dass es gerade die modernen Kirchen, wie Freikirchen und Sekten seien, die bis heute in den orientalischen Ländern großen Schaden anrichteten würden hinsichtlich des Ansehens der urchristlichen Bevölkerung.
Der Kirchenhistoriker verdeutlichte anhand von Zahlenmaterial, die rasante Reduzierung der christlichen Bevölkerung seit der Unabhängigkeit orientalischer Staaten von der Kolonialherrschaft. So hatte Algerien bis zur Unabhängigkeit von der französischen Kolonialmacht 1962 bei 10 Mio. Einwohnern fast 20% Christen. Heute seien es, so Grulich, bei ca. 30 Mio. Einwohnern nur noch um die 4000. Die gleichen Zahlenverhältnisse gebe es auch in Marokko seit 1812. In Tunesien seien es bei rd. 3 Mio. Einwohnern 10 % Christen gewesen, die ebenfalls gegenwärtig bei 10 Mio. Einwohnern auf 10.000 reduziert wurden. Es gebe zwar auch Länder in der arabischen Welt, wo die Anzahl der christlichen Bevölkerung zwar gestiegen sei, die Kirchen aber vollkommen rechtlos seien wie beispielsweise in Saudi-Arabien. Schon jetzt solle man sich aber Gedanken machen, was in Syrien passieren werde, nach dem Ende von Assad. Eine Frage, die wohl schwer zu beantworten sein dürfte angesichts der ständig eskalierenden Situation. Der Historiker äußerte dazu die Befürchtung, dass es zu einem Übergreifen auf andere Gebiete kommen werde. Man müsse den Christen dort Hilfe bieten.
Zeitgenössische Quellen einzige Möglichkeit zur Annäherung an damalige Entwicklungen
Zum besseren Verständnis seines Titels „Von Merw nach Jerusalem – Historisch-kritische Probleme zur Entstehung von Islam und Koran“ gab der Orientwissenschaftler Prof. Dr. Karl-Heinz Ohlig, Leiter des weltweiten Forschungsinstituts INARA (Aufklärung), eine kurze Information zur Islamwissenschaft. Sie sei im 19. Jahrhundert in Europa, mit Schwerpunkt Deutschland, entstanden. Zunächst habe sie hervorragende Ergebnisse gebracht. Die Forscher seien damals entweder aus dem Judentum oder aus dem theologischen Bereich gekommen und daher mit der biblischen Tradition und auch den umliegenden christlichen Bewegungen vertraut gewesen. Durch die Judenvertreibung in der Nazizeit, wurde die Islamwissenschaft nicht mehr weiterbetrieben. Sie sei erst nach dem Krieg wieder aufgelebt, aber nur noch philologisch, ohne historisch-kritische Betrachtung .
Ohlig berührte kurz die traditionellen Aussagen zur Entstehung des Islam. Nach diesem Verständnis sei er durch den arabischen Propheten Mohammad (570-632) auf der arabischen Halbinsel in Mekka und Medina begründet und kurze Zeit nach seinem Tod unter dem Kalifen Osman das gesamte Schriftmaterial zum Koran zusammengestellt worden. Nach dem der Wissenschaft vorliegenden Material sei der Koran aber zum einen nicht im nomadischen Umfeld entstanden und zum anderen habe er in seiner Gesamtheit erst im 10. Jh. vorgelegen. Die Nomaden, ebenso wie Mohammad selbst seien Analphabeten gewesen, so dass er nur in einem Umfeld mit Schriftgelehrten entstanden sein konnte. Da die Anfänge der koranischen Bewegung im ostsyrischen Raum lägen, könne man vermuten, dass dies in Klöstern oder größeren Städten der Fall gewesen sei. Der Koran zeige biblische Bezüge und sei vor seiner Verwendung als islamische Grundschrift eine der christlichen Tradition zuzurechnende Sammlung gewesen.
Was die Geschichte Mohammeds betreffe(Geburt, Eltern, Jugend, Heiraten), wisse man so gut wie gar nichts. „Es wird verwiesen auf den Koran, das heilige Buch des Islam, wenn man aber dort nachsieht, findet man eigentlich keine Informationen zu einem Propheten Mohammed, der dies oder das gesagt oder gepredigt haben soll. Der Koran bietet nur Sprüche, d.h. Offenbarungssätze Allahs an irgendwen, der mit Du angesprochen wird, oder an die Umstehenden. Eine Ausnahme ist nur die erste Sure, die Fatiha, die Einführung. Sie enthält ein Gebet.“, so Ohlig. „Es gibt wenig narrative Texte, es wird nichts erzählt, man erfährt im Koran nichts vom Leben eines Propheten. Auch andere Dinge, die so wichtig sind, z.B. das das alles in Mekka un d dann in Medina passiert sein soll, sind aus dem Koran nicht zu entnehmen.“ Man könne sich nur auf die zeitgenössischen Quellen als einzige Möglichkeit stützen, um an die damaligen Entwicklungen heranzukommen, sagte er.
Ohne Geschichte kein Verständnis von heute
Schon zu Beginn hatte Professor Dr. Piotr Scholz, der an der Universität von Lublin Kulturwissenschaften lehrt, betont: „Ohne Geschichte gibt es kein Verständnis von heute.“ Der christliche Orientalist und Kunsthistoriker hatte bereits durch sein Thema, „Isolationismus der orientalischen Christen als Phänomen oder gewollte Entscheidung“ den historischen Entwicklungen eine vollkommen andere Perspektive verliehen.
Nach einigen historischen Ausführungen zur Entstehung des Isolationismus in der Abbasidenzeit (749-1258) als Charakteristikum der Kirchen des Orients, beschrieb Scholz die Entwicklungen der Christenverfolgung. Er sprach offen aus, worüber viele gerne schweigen, nämlich dass die Islamisierung sich ihren Weg auch nach Europa gebahnt hat. Man müsse nur an die gegenwärtige Aggressivität vieler Muslime denken, die auch Islamisten genannt würden, und auch in Deutschland bereits „islamische Territorien“ ausriefen. In England find e in partiellen Bereichen sogar schon die Scharia Anwendung. „Schon im 16. Jh. hatte in Malula/Syrien, wo seit ihren Anfängen nur Christen wohnten, eine intensive Islamisierung begonnen. Man baute Moscheen und siedelte Muslime an, so dass das Christentum in der Umgebung von Malula mehr und mehr verschwand.“, so Prof. Scholz. Damit drückte er die gelenkten demographischen Veränderungen aus, die in christlichen Gebieten zu einer Umkehrung der Proportionen führen.
Das Christentum, das über Jahrhunderte zum Orient gehörte, würde man heute nur noch zögernd, wenn überhaupt in Schutz nehmen. Man spreche lieber von Islamophobie und Diskriminierung der Muslime. Dabei würde man aber die erkennbaren historischen Prozesse außer Acht lassen, warum man heute die Existenz der orientalischen Christen immer weniger zur Kenntnis nehme. Kaum einer würde darüber sprechen, dass in Äthiopien zurzeit eine aggressive, von den Saudis bezahlte Islamisierung stattfinde und Kirchen brennen würden. „Niemand kümmert sich darum, dass ein Land, das über 1800 Jahre christlich war, plötzlich islamisch zu werden scheint“, kritisierte der Orientalist. Ab er auch Afrika sei heute einer neuen Welle der Islamisierung ausgesetzt. Der Mahdi-Aufstand (1885 – 1897) und die Entstehung des ersten islamischen Gottesstaates im Sudan hätte nicht nur der Ausrottung der letzten nubischen Christen gedient, sondern auch der Aufrechterhaltung des Sklavenhandels. Noch heute gebe es eine „quasi-Sklaverei“ in vielen muslimischen Ländern, stellte Prof. Scholz fest. Doch das würde man gerne verschweigen. „Man will leider auch kaum Wahrheiten zustimmen, die deutlich machen, dass wir vor einer Veränderung unserer Gesellschaft und vor einer erstarkten islamischen Welt stehen, die nicht tolerant und demokratisch ist, sondern der Vision eines neuen sunnitischen Kalifen anzuhängen scheint und ständig bemüht ist, die „islamischen Territorien“ zu erweiteren“, sagte er. Anhand eines Auszuges aus der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte im Islam belegte er seine Aussagen. Er hoffe, dass sich die Christen, die sich im Exil in Europa befinden, hier ohne Angst vor Angriffen leben könnten. Er bemängelte aber die Gleichgültigkeit des Westens gegenüber den christlichen Flüchtlingen aus dem immer mehr brennenden Orient, dessen, wie er sagt, apostrophierter „Frühling“ zum sterbenden Winter geworden sei.
Im Kontext der geschichtlichen Hintergründe der Christenverfolgung und des demographischen Wandels zugunsten der muslimischen Bevölkerung in allen, heute islamisch dominierten Staaten, lassen sich diese Feststellungen bei genauer Betrachtung schwerlich widerlegen. Im Gegenteil sollten sie zu Denken geben, in wieweit sich in Europa bereits eine solche Entwicklung vollzieht.
Der „Arabische Frühling“ treibt auch die Armenier zur Flucht
Anhand historischer Fakten stellte die armenische Orientalistin Prof. Dr. Armenuhi Drost-Abgajan einen Bezug zu den Armeniern im Nahen Osten her. Bereits im Jahr 762 v. Chr. unterhielten die Armenier bereits Beziehungen zum mesopotamischen Großreich. Auch seien unter Tigran des Großen, Antiochien und Osroene einmal Teile des Armenischen Reichs gewesen. Die Armenier hatten sich in Edessa, Antiochien, und später dann auch in Damaskus wie auch Aleppo konzentriert, erläuterte die Orientalistin. Schon im 3./4. Jh. hatten sie ei ne sehr enge Beziehung mit dem syrischen Christentum gehabt.
Im 9./10. Jh. seien die Armenier dann durch die Byzantiner nach Syrien umgesiedelt worden. Besonders aber nach dem Fall der Bagratiden und des armenischen Königtums von Kilikien sei dann im 14. Jh. durch die seldschukischen Türken nochmals eine Umsiedlung erfolgt. Im Laufe der Geschichte habe es nach Massakern und Völkermorden nicht nur in Syrien, sondern auch im Irak, in Palästina/Jerusalem und in Ägypten eine Zuwanderungswelle gegeben.
Nach dem Genozid während des ersten Weltkrieges im Jahr 1915 waren damals ca. 1,5 Mio. Armenier und ca. 750.000 Assyrer ermordet worden. 110.000 armenische Volksangehörige waren nach Aleppo, Damaskus, Homs, Kesab und Kamishli geflohen, in der Hoffnung, wieder in die Heimat zurückzukehren. Gerade im Hinblick auf die aktuellen Entwicklungen des „Arabischen Frühlings“ verlassen aber mittlerweile auch die Nachkommen dieser christlichen Armenier, wie alle anderen Christen, zu Tausenden ihre Kulturzentren in Syrien und Aleppo aufgrund der Verunsicherung durch die Neuordnung der politischen Kräfte, so die Professorin. Ein neuer Exodus also, wie es ihn während des 2. Golfkrieges schon einmal gegeben hat. Auch regiere die Angst vor einer neuen islamisch geprägten Verfassung, wie sie jetzt in Ägypten durchgesetzt worden ist. Frauen, Minderheiten und Glaubensgemeinschaften könnten dort jederzeit unterdrückt werden. Trotz der demokratischen Kräfte stünden dort wieder Paragraphen, die die Rechte von Minderheiten und Frauen beschneiden, gab Prof. Dr. Drost-Abgajan zu bedenken.
Gerade die christliche Bevölkerung würde sich im Rahmen des „Arabischen Frühlings“ zwischen den Fronten sehen, da man ihr vorwerfe, Kollaborateure der diktatorischen Regime zu sein, obwohl sie stets eine neutrale Position eingenommen habe.
Die Orientalistin befürchtet, dass es eine zweite große Welle des Exodus der autochtonen Christen geben wird, wie sie bereits im 18. Jahrhundert stattgefunden hat und dass in absehbarer Zeit die Heimat von diesen geleert sein werde.
Dass diese Ängste einer Entchristianisierung des Orients nicht unbegründet sind, zeigen die täglichen Fluchtbewegungen, die nicht nur in Richtung Libanon und die Nachbarländer stattfinden, sondern auch nach Europa.
18. Jahrhundert Tiefpunkt zeitgenössischer Quellen des Christentums
Eine Darstellung der christlichen Chronistiken sowie deren geisteswissenschaftliche Blütezeiten durch verschiedene Einflüsse vermittelte der Leiter des Trägervereins Dr. Arens. Anhand von Kartenmaterial zeigte er die historische Entwicklung der orientalischen Völkerschaften auf. Es habe beispielsweise einen großen Rückgang von griechischem Schriftgut in der Zeit zwischen dem 15. und 18. Jahrhundert im Vergleich zu den Jahrhunderten vorher gegeben, da viele Angehörige der griechischen Eliten freiwillig zum Islam übergetreten waren, um ihre Positionen zu behalten, oder aber ausgewandert waren. Ebenso bei den Armeniern habe es den Höhepunkt an Kunstschaffenden, im Bereich Architektur und Kultur, im 11. bis 15. Jahrhundert gegeben, sagte Arens. Auch bei ihnen liege der Tiefpunkt im 18. Jahrhundert.
Als weitere Quellengruppe nannte er die persische und die arabische Chronistik. Die Osmanischen Quellen hätten zugenommen, während Persien und Iran durch die zahlreichen Kriege ebenfalls eine Vernichtung der Archivbestände hinnehmen musste. Es gebe auch kaum Überlieferungen über das Sassaniden-Reich. In Bezug auf den Forschungsstand sei die Frühzeit der Christen gut recherchiert worden, also die Zeit als sie im Nahen und Mittleren Osten dominierende Gruppe waren. Ebenso habe man das Mittelalter gut erforscht. Jedoch bestehe eine Lücke zwischen dem 14. Und 18. Jh., d.h. die Epochen im Rahmen der Nationalbewegung der Christen. „Die Christen in der orientalischen Heimat klammern die Geschichte im Osmanischen Reich weitestgehend aus.“, sagte Arens. Es gebe kaum Geschichten über die Syrer. Bis ins Hochmittelalter seien Christen in Ägypten, Syrien, im Gebiet des Heiligen Landes vertreten gewesen, zumindest aber im Südkaukasus hätten sie dort die größte dominante Bevölkerungsgruppe gestellt. Auch in Norafrika (Tunesien, Algerien, Marokko), gebe es bis ins 11. Jahrhundert Belege für die Existenz der Christen dort. In Ägypten, Syrien, Mesopotamien, sei es dort als dominante Religion bis ins 12. Jahrhundert hinein geblieben. Die Mehrheitsbevölkerung habe sich zu einer der verschiedenen christlichen Kirchen bekannt.
Weitere wichtige Forschungsquellen seien u.a. Missionarsberichte. Diese stammten aus dem frühen 17. Jh. bis um 1800. Alle 10 Jahre waren damals diese Berichte geliefert worden, wenn die Missionare nach Rom gereist seien. Im 19. Jh. Missionsberichte der Anglikaner und anderer protestantischer Kirchen. Im 19. Jh. sei eine Revitalisierung der orientalischen Christenheit erfolgt. Ökonomisch, sozial und auch in Bezug auf die Zahl. Uch die Kirchenlandschaft in Konstantinopel sei gewachsen, ebenso in Aleppo, Diyarbakir etc. Dass man im 19. Jh. sehr viele Kirchen bauen und restaurieren konnte, war nur aufgrund des starken außenpolitischen Drucks durch die Russische Expansion möglich, unter dem das Osmanische Reich stand. Als Gegenleistung für die Unterstützung durch Frankreich und Großbritannien gegen Russland, stimmte der Sultan neuem Kirchenbau zu.
Der Leiter vom Trägerverein erläuterte an der Karte die türkische Völkerwanderung im 11. Jahrhundert sowie die Frühgeschichte des Islam, mit den Wechselbeziehungen zwischen Christen und Muslimen. Er zeigte die allmähliche Herausbildung dessen, was heute als Islam bezeichnet wird.
Die christlichen Assyrer dürfen nicht entwurzelt werden
Den Fokus seines Vortrages legte Issa Hanna, 2. Vorsitzender der Assyrischen Demokratischen Organisation, auf die Forderungen für ein neu gestaltetes Syrien. Vor Ausbruch des Bürgerkriegs habe das Land bereits seit beinahe fünf Jahrzehnten unter strukturellen Krisen in den Bereichen Politik, Wirtschaft, Kultur und vor allem im Bezug auf die Einhaltung der Menschenrechte gelitten. „Ursache dafür ist die Tatsache, dass alle diese Gebiete bislang von einem nicht nur autoritären, sondern totalitären Regime dominiert wurden, das sämtliche Aspekte des Lebens, der Machtstrukturen, Ressourcen und der Wohlstandsverteilung monopolisiert und aggressiv kontrolliert.“, sagte Hanna. Daher müsse es eine vollkommen neue Struktur im Land geben. Der ADO-Vorsitzende zeichnete eine vier Punkte umfassende Darstellung von Leitlinien, die in einem neuen Syrien durchgesetzt werden müssten, um einen nach demokratischen Grundsätzen funktionierenden Staat zu errichten. Zum einen die Berücksichtigung der Vielfältigkeit Syriens und Verhinderung jeder Form von Tyrannei. Bisher habe die aus vielen Ethnien bestehende Bevölkerung Syriens immer als Element von Sicherheit und Wohlstand gedient, basierend auf den Werten von Toleranz und Koexistenz. „Syriens größte Stärke bestand in seiner verschiedenartigen Bevölkerung, bis es von einem tyrannischen Regime manipuliert wurde, das es als Werkzeug benutzte, um eine Spaltung seines Volkes voranzutreiben und Kontrolle über das Land zu erlangen.“, kritisierte Hanna. Als zweite Forderung stellte er die Schaffung eines zivilen und säkularen Staates, der eine moderne Verfassung haben müsse, zu der alle politischen Organschaften und nationalen Komponenten einen Beitrag zu ihrer Formulierung geleistet hätten. Es müsse ein Staat für alle Bürge r sein, ungeachtet ihrer Unterschiede, jedoch nicht kontrolliert von einer Religion, Sekte, Konfession, Rasse, Ideologie oder Partei. Ein Staat, der alle Religionen respektiert und sie nicht bekämpft. Als dritten wesentlichen Punkt nannte er die Einhaltung von Gruppen- und Individualrechten. Der vierte Punkt der Leitlinien müsse die Schaffung allgemeiner Prinzipien für das politische und gesellschaftliche Leben und die Steuerung der wirtschaftlichen Entwicklung in einem neuen Syrien beinhalten wie Rechtsstaatlichkeit, die elementaren Freiheiten (Glaubens-, Sprach-, Meinungs-, Versammlungs-, Pressefreiheit), Gleichberechtigung von Mann und Frau sowie in der Verfassung verankerte volle nationale Rechte.
Zum gegenwärtigen Zeitpunkt existieren im Hinblick auf seine Landsleute in Syrien nur zwei Möglichkeiten, entweder in der Heimat zu bleiben, oder auszuwandern. Eine dritte Wahlmöglichkeit gebe es nicht, sagte er. Schließlich appellierte Hanna, sich mehr für die Belange des assyrischen Volkes einzusetzen und es darin zu unterstützen, nicht entwurzelt oder ausgerottet zu werden. „Eine Ausrottung der Urchristen des Nahen Ostens wäre ein schwerwiegender und unwiederbringlicher Verlust für das gesamte Christentum.“, schloss Hanna seinen Beitrag.
Ein Appell, der hoffentlich auch weithin gehört werden und Früchte tragen wird. Doch ob und wann es eine Lösung für die christlichen Assyrer und Armenier in ihrer syrischen Heimat geben wird, ist mehr als fraglich.
Kopten seit dem „Arabischen Frühling“ selbstbewusster
„Verflogene Euphorie zwei Jahre nach der „Arebellion“, war das Thema des in Freiburg lebenden Jerusalemer Journalisten Josef Croitoru, (FAZ, NZZ). Croitoru lieferte anfangs einen Überblick über die Lage in den einzelnen Ländern des „Arabischen Frühlings“, so über den Sturz jahrzehntelang herrschender autoritärer Präsidenten durch Massenproteste in Tunesien und Ägypten. In Libyen habe man nur durch einen Bürgerkrieg die Gewaltherrschaft Mohammad Gaddafis beenden können, während in Syrien der Ausgang der bedingt vergleichbaren Volkserhebung noch ungewiss sei, so der Journalist. So stünden in Tunesien und Ägypten die stärksten Parteien für einen gemäßigten Islamismus, nämlich dem der Bewegung der Muslimbrüder. Die aus den Parlamentswahlen in Ägypten als Gewinnerin hervorgegangene „Partei für Freiheit und Gerechtigkeit“ sei der parteipolitische Arm der Muslimbruderschaft, der bis zu seiner Wahl zum Präsidenten auch Muhammad Mursi angehörte.
Bevor sich der Croitoru der aktuellen Situation der Kopten zuwandte, analysierte er die Gründe für den Wahlerfolg der Islamisten in den arabischen Ländern. Man müsse sich mit dem Gedanken anfreunden, dass die Menschen nach Jahrzehnten der Unterdrückung zum ersten Mal das Gefühl hätten, endlich selbst über ihr Schicksal bestimmen zu können, sagte er. Auch wenn dies über das importierte politische Instrument der Demokratie geschehe, so dürfte der anti-westliche Reflex der arabischen Massen eigentlich ebenso wenig überraschen, wie ihre Rückbesinnung auf den Islam. Man könne also die gegenwärtigen Ereignisse in den genannten Ländern des „Arabischen Frühlings“ als eine Gegenreaktion auf diese Unterjochung auslegen.
Das Thema der Kopten in Ägypten werde in den Kirchenmedien wie auch in den allgemeinen Medien, häufig tendenziös und alarmistisch behandelt. Für den Journalisten stellt sich die Lage der der Christen keineswegs so besorgniserregend dar, wie es nach außen hin vermittelt werde. Dass heute in Ägypten die Islamisten regieren würden, habe rein rechtlich gesehen bislang nicht zu einer weiteren Benachteiligung der Kopten geführt. Allerdings herrsche Verunsicherung, weil noch nicht abzusehen sei, wie die neue Verfassung in der Praxis Anwendung finden werde. Laut Croitoru garantiert die neue ägyptische Verfassung, auch wenn sie auf der Scharia basiere, nicht nur Glaubensfreiheit, sondern den christlichen Kirchen auch weitgehende Autonomie in Religions- und Familienangelegenheiten und fixiere damit den gesellschaftlichen Status quo der Mubarak-Ära. Damit stärke sie im Grunde die Macht der Kirche. Die Sicherheit der Kopten sei zwar bisweilen bedroht, gezielte Angriffe und Anschläge auf sie und ihre Kirchen seien aber eher die Ausnahme. Für ein konstantes Gefühl des Bedrohtseins würden die Christen selbst und offenbar auch die erregte und übertriebene Medienberichterstattung sorgen. „Der „Arabische Frühling“ hat aber auch bei den Kopten Demokratiebegeisterung entfacht. Sie treten seitdem selbstbewusster auf und wollen als bekennende Patrioten ernst genommen und als gleichberechtigte Bürger behandelt werden. Hier wird ein Lernprozess bei der muslimischen Mehrheit stattfinden müssen, und der hat, wie ich meine, bereits begonnen.“, meinte der Journalist zum Schluss seines Beitrags.
Ob es allerdings tatsächlich zu einem solchen Prozess kommen wird, wie ihn Josef Croitoru angesprochen hat, bleibt abzuwarten. Ebenso darf man gespannt sein, ob die in der Verfassung garantierten Rechte für die Christen und Juden tatsächlich zur Anwendung kommen oder ob sie lediglich auf dem Papier existieren werden.
Der „Arabische Frühling“ wird jedenfalls noch lange ein Thema der Öffentlichkeit bleiben, am meisten aber für die Betroffenen selbst. Es zeigt sich immer wieder, dass gerade westliche Politiker, Kirchen und Gesellschaft verstärkt mit den Opfern in den Heimatländern Solidarität zeigen müssen. Insbesondere in Syrien müssen Lösungen gefunden werden, um dort einer Ausrottung der urchristlichen Völker wie der Assyrer und Armenier entgegenzuwirken.
Spenden für Syrien – Sie retten Leben
Das Elend der syrischen Bevölkerung wird von Tag zu Tag größer. Doch noch immer reichen die Spenden längst nicht aus, um diese Not nur ansatzweise zu lindern.
Der bereits seit über 22 Monate andauernde Bürgerkrieg in Syrien fordert immer mehr Menschenleben. Besonders betroffen ist die christliche Bevölkerung, die zunehmend zwischen die Fronten gerät. Die unschuldige Bevölkerung ist mehr denn je auf Spenden angewiesen, um in der Heimat überleben zu können.
Lebensmittel sind unerschwinglich geworden, die Bevölkerung leidet an Hunger, Kälte, Mangel an warmer Kleidung und medizinischer Versorgung.
Daher bittet die ADO noch einmal eindringlich um Spenden für die in Not geratene Bevölkerung Syriens.
Bankverbindung
Name | Stadtsparkasse Augsburg |
BLZ | 720 500 00 |
Kontonummer | 301713 |
IBAN | DE08 7205 0000 0000 3017 13 |
SWIFT-BIC | AUUESDE77XXX |
Verwendungszweck | Syrien |
Die ADO bedankt sich herzlich für alle bisher eingegangenen Geld- und Sachspenden.
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