Kampagne: Demokratie hinter Gittern

Deutsch-Türkische-Kulturolympiade

Die Kampagne „Demokratie hinter Gittern“ möchte alle, die die Menschenrechtssituation in der Türkei mit Sorge betrachten, auf eine Großveranstaltung des ultrakonservativen islamischen Gülen-Netzwerks aufmerksam machen:

Unter der Schirmherrschaft des Hessischen Ministers der Justiz, für Integration und Europa, Jörg-Uwe Hahn, und des Gouverneuramts der hessischen Partnerregion Bursa (Türkei) findet am 29. April in Frankfurt die Preisverleihung der sogenannten „Deutsch-Türkischen-Kulturolympiade“ statt.

Was den wenigsten Teilnehmern und Besuchern, vielleicht nicht einmal dem hessischen Justizminister, bekannt sein dürfte:

Die Organisatoren der Deutsch-Türkischen-Kulturolympiade sind ausnahmslos Medienunternehmen und ein Bildungsverein des Gülen-Netzwerks: World Media Group, EBRU TV Europe, S TV Avrupa, Academy e.V.

Treffender wäre es, von einer Kultur-Assimilations-Olympiade zu sprechen, da es sich um eine Veranstaltung handelt, bei der das sunnitische Türkentum bejubelt und die Existenz anderer Sprachen und Identitäten in der Türkei, wie beispielsweise der kurdischen, armenischen, assyrischen oder lasischen Bevölkerungsgruppen oder der alevitischen Glaubensgemeinschaft verleugnet wird.

In einem Interview des Gülen-Vereins Interkulturelles Dialogzentrum (Idiz e.V.) bezeichnete Fethullah Gülen die von KurdInnen erhobenen Forderungen nach gleichen politischen und kulturellen Rechten wie der nach mutterspachlichem Unterricht als „respektlose Forderungen“.1

Noch unmißverständlicher drückte Fethullah Gülen sein Verständnis von Toleranz und Völkerverständigung in einer 45-minütigen Video-Botschaft vom November letzten Jahres aus, in der er zur militärischen Vernichtung von als „Terroristen“ bezeichneten VertreterInnen der politischen Bewegung der KurdInnen aufrief. „Lokalisiert sie, umzingelt sie (…) zerschlagt ihre Einheiten, lasst Feuer auf ihre Häuser regnen, überzieht ihr Klagegeschrei mit noch mehr Wehgeschrei, schneidet ihnen die Wurzeln ab und macht ihrer Sache ein Ende!“.

Gülen hat bereits die blutigen Militärputsche 1971 und 1980 in der Türkei als „Rettung des Vaterlandes“ vor „Ungläubigen“ und „Kommunisten“ gerechtfertigt und auch den vom Militär durch einen postmodernen Putsch erzwungenen Rücktritt der islamischen Regierung Erbakan am 28. Februar 1997 unterstützt. Unter der seit 2002 regierenden islamisch-konservativen AK-Partei hat sich das Gülen-Netzwerk tief im türkischen Staatsapparat eingenistet. Ihre Macht nutzt sie, um Oppositionelle und Kritiker unter fingierten Terrorvorwürfen ins Gefängnis zu bringen. Zurzeit befinden sich in der Türkei nach Angaben des internationalen PEN-Clubs rund 100 JournalistInnen und Schriftsteller in Haft – mehr als in jedem anderen Land der Erde. Betroffen sind prokurdische, linke und laizistische Medien sowie generell Gülen-Kritiker. Gülen-Medien haben die Massenverhaftungen von Oppositionellen und Journalisten wie Ahmet Şık und Nedim Şener verteidigt und durch Rufmord- und Desinformationskampagne sogar befördert. Auch das zum Gülen-Netzwerk zählende Internetportal „Deutsch-Türkische-Nachrichten“ beteiligt sich daran.2 Kurz nach seiner Haftentlassung Ende März wiederholte Ahmet Şık im Europäischen Parlament seine Kritik am Gülen-Netzwerk und den türkischen Antiterrorgesetzen.

International wurde die Terrorismus-Anklage gegen 193 kurdische Politiker und türkische Intellektuelle im Rahmen der sogenannten KCK-Verfahren scharf kritisiert, angeklagt sind auch der bekannte Verleger und Menschenrechtsaktivist Ragıp Zarakoglu und die Politikwissenschaftlerin Büşra Ersanlı, denen Haftrafen von 15-22 Jahren drohen. [Zarakoglu wurde zwar letzte Woche aus der Haft entlassen, die Anklage jedoch aufrechterhalten.]

Die zum Gülen-Netzwerk gehörende türkische Tageszeitung Today´s Zaman jedoch begrüßte diese Anklage ausdrücklich: sie zeige „eine vielversprechende Entwicklung“ [in Richtung Demokratisierung der Türkei].3 Auch hierin offenbahrt sich das wahre Verständnis der Gülen-Bewegung von Toleranz, Völkerverständigung und Demokratie.

In der Bundesrepublik unterhält das Gülen-Netzwerk in jeder größeren Stadt Kindergärten und Nachilfeinstitute, rund 20 Privatschulen, und den Medienkonzern World Media Group mit diversen Tochterunternehmen. Die Aktivitäten des Gülen-Netzwerks zeichnen sich auch nach Einschätzung der Evangelischen Zentralstelle für Weltanschauungsfragen (EZW) durch eine bedenkliche Intransparenz aus. Sie trägt die Religion nicht vor sich her, wenn man aber ihre Aussagen und Schriften betrachtet, wie die vom Gülen-nahen Fontäene-Verlag vertriebene Koran-Übersetzung Ali Ünals, stößt man schnell auf ein hochproblematisches Frauenbild, die Propagierung der Überlegenheit des Islams gegenüber anderen Religionen, sowie eindeutige Polemiken gegen die Demokratie in den Predigten Fethullah Gülens.

Es ist höchste Zeit, die Öffentlichkeit darauf hinzuweisen, dass sich hinter Gülens Maske von Toleranz, Dialog und Völkerverständigung in Wirklichkeit Feinde der Freiheit verbergen.

Wir fordern den Hessischen Minister Jörg-Uwe Hahn dazu auf, sich nicht zum Aushängeschild eines PR-Spektakels des Gülen-Netzwerks machen zu lassen und seine Teilnahme abzusagen.

Dass politische Repräsentanten nicht an einer einmal getroffenen (Fehl-) Entscheidung festhalten müssen, zeigten die Ministerpräsidentin von NRW, Hannelore Kraft und Justizminister Thomas Kutschaty, als sie nach massiver Kritik an der Steiger-Preisverleihung an den türkischen Ministerpräsidenten Erdogan ihre Teilnahme absagten.

Über 30.000 AlevitInnen, KurdInnen, ArmenierInnen, AssyrerInnen und türkische DemokratInnen hatten am 17. März in Bochum gegen die Ehrung Erdogans demonstriert.

Wir möchten Herrn Minister Hahn vorschlagen, sich bei den Vertretungen der in der Bundesrepublik lebenden KurdInnen, ArmenierInnen und AssyrerInnen über die Situation der ethnischen Minderheiten in der Türkei zu informieren, und sich mit ihnen darüber zu beraten, wie interkultureller Dialog und Völkerverständigung, sowohl hierzulande wie auch in der Türkei, tatsächlich befördert werden können.

Kampagne „Demokratie hinter Gittern“
19.04.2012

1 Identität, Kurdenproblematik und Zentralasien

2 Der Dieb: Ich schrieb über die Gülen-Bewegung!

3 Anklage gegen Ragıp Zarakolu und Büşra Ersanlı

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3 Gedanken zu „Deutsch-Türkische-Kulturolympiade

  1. Dieser Artikel ist in Unwahrheiten und falsch Informationen kaum zu Überbieten. Jeder zweite Satz ist schlichtweg falsch. Was das hier soll, müsste man sich eigentlich fragen? Die Gülen Bewegung arbeitet seit Jahren für Deutschland für die Bildung und für ein friedliches Miteinander. Jegliche religöse Handlungen sind seitens der Medien, Vereinen und Institutionen weder dem Volk , noch dem BKA oder der Inneren Sicherheit Deutschlands bekannt.
    Im Gegenteil, Nach ausdrücklicher Recherche auf höchster politischer Ebene wurde hier keine Gefahrenstufe festgestellt.Weil es überhaupt keinen Ansatz für so etwas gibt.
    Ich glaube hier eher, dass mit diesem Artikel, absichtlich das Wohl Deutschlads, mit Menschen die gegen ein friedliches Miteinander sind probagiert wird. Ich habe einmal ein Finale der Kulturolympiade gesehen und kann nur eines sagen. Das sind konkrete Beteiligungen an einem besseren Miteinander. Ich kann nur raten, jedem diese Olympiade zu sehen, um sich demnach sein eigenes Bild zu machen.
    Ich möchte den Veranstaltern auf diesem Wege auch Mitteilen, dass sie einfach weitermachen sollen und sich mit solchen Dingen nicht kleinkriegen lassen dürfen. Wir brauchen Vereine, Menschen und Medien vorallem auch mit Migrationshintergrund, die sich für Deutschland einsetzen.

  2. Wieder mal ein Artikel, was sehr ideologisch ist. Allein die Aussage, dass „die von KurdInnen erhobenen Forderungen nach gleichen politischen und kulturellen Rechten wie der nach mutterspachlichem Unterricht als „respektlose Forderungen“ seien. Doch warum sollte sich so eine Person einen Kurdisch sprachigen TV-Sender namens „Dünya TV“ unterstützen, das unteranderen auch zu der oben genannten Mediengruppe gehört.

    Auch die Organisation „Kimse yok mu“, die von Gülen initiiert wurde verschafft eine Brücke zwischen dem Westen der Türkei und den Kurden mit vielen materiellen sowie kulturellen unterstützung.
    Auch die Schulen und Bildungszentren (der Gülenbewegung) im Osten der Türkei, bieten kostenlose Nachhilfe für kurdische Schülerinnen und Schüler.

    Sehr fehlerhafte INformationen…

  3. Auch ein unglaublich meinerseits, ich kann mich den Kommentaren oben nur anschließen.
    Wer die Gülen-Bewegung wirklich objektiv erforscht wird sehen, dass dieser Artikel nichts als Lügen aufweist. Während die Gülen-Bewegung sich für ein friedliches Miteinander bemüht, stellt dieser Artikel unverschämter Weise diesen Menschen ein Stein in den Weg.
    Fraglich ist, ob es denn dem Autor dieses Artikels nicht bewusst ist, dass auch KurdInnen zu dieser Bewegung neigen? Warum?
    Weil Integration nicht nur mit Worten passiert sondern mit Taten wie diese Deutsch-Türkische Kulturolympiaden. Jahrelang haben wir Deutsche uns weder getraut unsere ausländischen (insbesondere türkische) Mitbürger kennenzulernen noch (aus Angst vor dem Islam) wirklich die Gelegenheit gegeben, dass man uns näher kennt. Daher ein ganz großes Bravo meinerseits und weiter so.

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