Die Sorge um die Lage in Syrien hat uns alle vergessen lassen, dass Gewalt im Irak noch immer an der Tagesordnung ist. Im Beten um den Frieden in Syrien gingen die Gedanken an unsere Mitmenschen im Irak vergessen. In der Zwischenzeit konnten sich die Dschihadisten im Land zwischen Euphrat und Tigris neu organisieren und einen gefährlichen Feldzug durch die Region planen.
Die Situation in Mosul und den umliegenden Provinzen ist heute mehr als besorgniserregend. Am Dienstag, den 10. Juni 2014 eroberten radikale Islamisten, organisiert unter dem Dach der ISIL – Islamic State of Iraq and Levante – die Millionenstadt Mosul (Nineveh), darunter Regierungsgebäude, der Mosul International Airport und alle Polizei und Militärbasen. Kurz darauf fiel auch die benachbarte Region Nineveh unter die Kontrolle der Islamisten. In der südwestlich von Nineveh gelegenen Provinz Anbar konnten die Islamisten schon seit Anfang des Jahres eine Operationsbasis errichten und den Vormarsch in den irakischen Norden planen. Ihr Ziel ist ein islamischer Gottesstaat in weiten Teilen Syriens und des Iraks. Diesem Ziel kommen die Dschihadisten stündlich näher. Nach der Einnahme der Provinz Kirkuk stürmten die Kämpfer auch die Ölstadt Baidschi und Tikrit. Neusten Meldungen zufolge drängen sich die Islamisten weiter bis nach Bagdad vor.
Auf ihrem Feldzug hinterlassen sie brennende Gerichts- und Regierungsgebäude, entleerte Krankenhäuser und brennende Kirchen. In Mosul etwa wurde eine historische Kirche in Brand gesetzt. Mit der Einnahme von Polizeistationen und Militärbasen konnten die Kämpfer Waffen und Munition beschlagnahmen. Um die Gewalt unter Kontrolle zu bringen, fordert Iraks Ministerpräsident das Parlament auf, den Ausnahmezustand zu verhängen.
Die Internationale Organisation für Migration (IOM) berichtet, dass seit den ersten Kämpfen um Mosul vor vier Tagen mittlerweile über 500.000 Menschen auf der Flucht sind. Bewohner verlassen ihre Häuser aus Angst vor gewalttätigen Übergriffen. Assyrer aus Mosul suchen Schutz in der mehrheitlich assyrisch bewohnten Nineveh Ebene. Hier wiederum sind mittlerweile mehr als 2.000 Familien u.a. nach Nohadra (Dohuk) und Erbil geflohen. Menschenrechtsorganisationen wie die Assyrian Aid Society im Irak sprechen von dramatischen Fluchtsituationen und rufen auf, die Flüchtlinge so weit es geht zu unterstützen.
Die Lage demonstriert wie hilflos die Bagdader Regierung ist. Nach dem Irakkrieg haben viele der verbliebenen Assyrer aus Mosul in der Niniveh Ebene Zuflucht gefunden. Sollten die Islamisten ihre Macht in Niniveh und Mosul festigen, kann dies zu einer ernsthaften Bedrohung für die Assyrer und andere Minderheiten im Irak werden.
Um die Existenz der indigenen Bevölkerungsgruppen im Irak zu erhalten, fordern wir als Zentralverband der Assyrischen Vereinigungen in Deutschland und Euopäische Sektionen (ZAVD) die Errichtung einer Sicherheitszone für Minderheiten wie den Assyrern, Yeziden und Shabaks in der Niniveh Ebene. Auch muss die internationale Gemeinschaft bei der Wiederherstellung der Sicherheit unterstützend mitwirken und humanitäre Hilfe für die Menschen leisten, die auf der Flucht sind.
Der Bundesvorstand
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