Ein legitimer Traum

Ein autonomes Gebiet für die Assyrer im Irak

Enschede-Holland. Wir schreiben das Jahr 2003. Genauer den zwanzigsten März 2003, der Tag also an dem der Krieg gegen das Regime von Saddam Hussein begann. Am dreizehnten Dezember desselben Jahres wird Saddam in seinem Geburtsort Tikrit festgenommen. Monatelang hatte er sich dort in einem Keller versteckt gehalten.

„Meine Damen und Herren… Wir haben ihn“, dies waren die ersten Worte von Paul Bremer dem Amerikanischen Gesandten im Irak. Alle waren erleichtert als die Amerikaner voller Stolz den früheren Diktator der Weltpresse vorführten. Die Menschen im Irak schossen voller Freude in die Luft. Auch im Ausland wurde mit Zustimmung reagiert. Wir sprechen also vom Ende des Jahres 2003. Heute im Jahr 2006 redet man jedoch über einen der gröbsten Fehler der amerikanischen Politik wenn man den Angriff auf den Irak und Saddam Hussein betrachtet der dem Zweck diente diesen aus seinem Amt zu verjagen.

Vogelfrei
Die Umstände können sich sehr schnell in ihr Gegenteil verändern. Die anfängliche Euphorie ist verflogen während es den Irakern heute viel schlechter geht als zu der Zeit da sie noch von Saddam Hussein regiert wurden. Täglich sterben dutzende Menschen an den Gewalttaten. Die euphorisierten Iraker von damals sind heute die Verlierer der Invasion des Iraks. Jetzt werden sie täglich mit vielen Toten konfrontiert. Es vergeht kein Tag ohne Anschläge und Blutvergießen. Zusammenfassend kann gesagt werden, dass jeder einzelne vogelfrei erklärt ist.

Dies gilt auch ganz gewiss für die christlichen Assyrer im Irak. Ob diese nun im Norden, in der Mitte oder im Süden des Iraks wohnen, sie werden direkt mit den Tatsachen konfrontiert. Tagtäglich sind sie den Gräueltaten wie zum Beispiel Enthauptungen, Morden und Vergewaltigungen ausgesetzt. Die christlichen Assyrer leben unter schwersten Bedingungen im Irak. Sogar die Frauen werden gezwungen ihre Gesichter mit Schleiern zu verhüllen. Während Saddam Hussein noch an der Macht war lebten die Assyrer noch ein friedliches Leben im Irak. Dies war zumindest gewährleistet solange man sich jenseits der politischen Geschäfte hielt. Heute sind die christlichen Assyrer nirgendwo mehr sicher. Ihre weitere Existenz ist bedroht. Nicht einmal die Kirchen werden verschont. Eine große Anzahl von Kirchengebäuden wurde mit dem Erdboden gleichgemacht.

Führender Politiker ermordet
Am helllichten Tag wurde Isoh Majeed Hedaya im Norden des Iraks in einem Gebiet in dem die Kurden herrschen ermordet. Der 52-jährige Politiker war Vorsitzender der ‚Syriac Independent Unified Movement (SIUM), also der Bewegung für ein vereinigtes und unabhängiges Syrien. Isoh Majeed Hedaya wurde nachdem er das Büro seiner Bewegung in Baghdeda (nicht zu verwechseln mit Bagdad) verlassen hatte aufgelauert von maskierten mit Maschinengewehren bewaffneten Männern die ihn dann kaltblütig ermordeten. Der Herr Hedaya wird überall gelobt für seinen lebenslangen Einsatz der dem Zweck diente die Assyrer zu vereinigen und diese Volksgruppe gleichzeitig im Irak zu beschützen. Sowohl seine wie auch andere politische Organisationen wie etwa die Assyrische Demokratische Bewegung (ADM) forderten im Oktober diesen Jahres bei der zentralen Regierung die Autonomie für die Assyrer im Irak, der so genannte Plan Nineve. Hierbei handelt es sich um vier Bezirke im Ninevetiefland welche aus den zwei Provinzen von al-Hamadaniya besteht: ‚Baghdeda’, ’TalKaiff’ und das Gebiet ’Baashika’ sowie selbstverständlich die Provinz Nineve.

Enthauptet
Es wohnen in den erwähnten Gebieten viele Assyrer und diese müssten nach dem irakischen Grundgesetz die Selbstbestimmung erhalten. Die zwei wichtigsten Kurdischen Parteien, die KDP von Barzani sowie die PUK von Talabani wollen eben dies um jeden Preis verhindern und versuchen somit diese Bezirke durch Annexion an den Norden des Iraks anzugliedern. Dessen ungeachtet hoffen die Assyrer immer noch, dass sie ein autonomes Gebiet erhalten auf das sie ein Recht haben und zwar völlig unabhängig von jeglicher Zustimmung oder Ablehnung seitens der Kurden. Im Oktober wurde Boulos Iskander, Priester der Syrischorthodoxen Kirche in Mosul im Norden des Irak entführt. Drei Tage später fand man den enthaupteten Körper des 55 Jahre alten Priesters auf einer Strasse im Zentrum der Stadt. Danach wurden noch zwei andere Priester entführt.

Bewusste Strategie
Im gesamten Irak wohnen etwa 1,5 Millionen Assyrer. Die Assyrer stellen annähernd 5 bis 8 Prozent der Gesamtbevölkerung des Iraks dar. Wenn jedoch den Morden und der Unterdrückung der letzten Zeit kein Einhalt geboten wird, dann wird der Irak ebenso wie die Türkei in absehbarer Zeit von seinen christlichen Assyrern gesäubert sein. Wir erkennen mittlerweile deutlich, dass man eine gezielte Strategie entwickelt welche den Assyrern Angst einjagen soll, so dass diese in ihrer Mehrheit den Irak verlassen. In der Tat ergreift Angst die Assyrer wenn sie sehen wie ihre prominenten Personen auf barbarische Weise ermordet werden. Dann bleibt ihnen keine andere Wahl als den Irak zu verlassen. Dies ist auch völlig logisch denn um mit dem Leben davon zu kommen flüchten täglich dutzende Christen aus dem Irak. Auch der niederländische Außenminister Bot spricht inzwischen von gezielter Einschüchterung durch Anschläge auf Christen. Nach seiner Einschätzung sind in den vergangenen 3 Jahren mehr als Zweihunderttausend Christen in die Nachbarländer Jordanien und Syrien geflüchtet. Dem Minister zufolge leiden die Christen genau wie die anderen Iraker unter den schlechten Sicherheitsbestimmungen.

 

Assyrische Organisationen
Es ist außergewöhnlich traurig wenn man feststellen muss, dass die assyrischen Organisationen nichts tun und sich offensichtlich auch in keiner Weise kümmern um die erbärmliche Situation in der unser Volk im Irak sich zurzeit befindet. Bis heute habe ich keine einzige Organisation unseres Volkes hier in den Niederlanden gefunden welche versucht hätte die Situation unseres Volkes unter die Aufmerksamkeit der hiesigen Parlamentarier zu bringen. Die Assyrer werden entführt, gefoltert und später enthauptet gefunden. Keinen Vertreter unserer Organisationen scheint dies zu berühren! Nachdem ein Priester der Syrischorthodoxen Kirche ermordet wurde hat vermutlich eine Anzahl von Organisationen im Ausland protestiert gegen seine Entführung. Von unseren hier in den Niederlanden bekannten Organisationen hat man nicht das Mindeste vernommen in diesem Zusammenhang. Wenn nicht diese für ihre Volksgenossen eintreten, wer dann soll ihre Interessen wahrnehmen und ihnen Schutz gewähren?

Sicheres Gebiet
Vielleicht die Amerikaner? Das einzige was ihnen Schutz bieten kann ist die Etablierung eines ‚’Save Haven’’ mit voller Selbstbestimmung für alle Christen im Irak. Ein autonomes Gebiet also! Diese Möglichkeit besteht im Bezirk in und um Nineve. Die Autonomie ist bereits in Sichtweite, jedoch müssen wir alle die äußersten Anstrengungen unternehmen um dies in die Wirklichkeit umzusetzen. Unsere Organisationen müssen aus ihrem Tiefschlaf erwachen und ihre Stimme der Welt hören lassen. Mit einer Haltung des Schweigens und des Nichtstuns währenddessen man abwartet bis andere etwas unternehmen wird man leider nur erreichen, dass der Irak von den Assyrern gesäubert wird. Dann haben wir eine Chance verspielt die uns nie wieder geboten wird.

Zum Schluss
Das nun folgende Zitat widerspiegelt sehr deutlich die Haltung einer Mehrzahl unserer Organisationen; leider weiß ich nicht mehr von wem das Zitat stammt, jedoch entspricht es den Tatsachen: ‚Man kann durchaus einen jeden eine Zeit lang zum Narren halten. Auch ist es möglich um einige Menschen lange Zeit zum Narren zu halten. Unmöglich ist es jedoch alle Leute fortwährend zum Narren zu halten.’ Es ist fast Fünf vor Zwölf. Doch ist es immer noch nicht zu Spät. Ein Traum kann durchaus verwirklicht werden, die Voraussetzung ist jedoch, dass unsere Organisationen aus ihrem Tiefschlaf erwachen. Anderenfalls wäre es besser wenn sie sich auflösen würden! Und dann würde es auch niemanden geben der dies betrauern würde. Die Anführer könnten sich dann besser nicht mehr unter die Leute begeben!!

Bethnahrin.de bedankt sich bei Herrn Isa Sümer für diesen Artikel. Da es sich um einen externen Artikel handelt, wurde dieser unverändert publiziert. Der Text spiegelt nicht unbedingt die Meinung von bethnahrin.de wider.

Fragen richten Sie bitte direkt an Herrn Sümer: I.Sumer@sgtwickel.nl

 

Quelle: Bethnahrin.nl

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